Thea Marienberg wurde am 7. April 1921 geboren. Sie war die Tochter des Fuhrunternehmers Otto Marienberg und dessen Frau Alwine, wohnhaft Am Berge 35. Ottos Bruder Albert war am 10. Juli 1931 wegen seiner kommunistischen Parteizugehörigkeit erschossen worden. Nach der Machtübernahme der NSDAP war Otto Marienberg Mitglied im kommunistischen Widerstand, weshalb er 1934 eine Gefängnisstrafe wegen »Hochverrat« absaß.
1939 lernte Thea ihren zukünftigen Ehemann Erich Harenburg – Unteroffizier im Fliegerhorst Lüneburg – kennen und wurde schwanger. Um heiraten zu können, mussten sich beide zur Bescheinigung der Ehetauglichkeit an das Lüneburger Gesundheitsamt wenden. Aufgrund der politischen Aktivitäten ihres Vaters und angeblichen »Schwachsinns« in der Familie wurde Thea für »eheuntauglich« erklärt, und es wurde ein Verfahren zur Unfruchtbarmachung eingeleitet. Um trotzdem bald heiraten zu können und der Sterilisation zu entgehen, versuchte sie, die Lüneburger Ämter auszutricksen.
Darüber hinaus legte Theas Vater Otto Marienberg eine Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss ein, und ihr Fall ging an die nächsthöhere Instanz. Gleichzeitig ordnete das Gericht einen Anstaltsaufenthalt an, um dort feststellen zu lassen, ob Thea Marienberg »erbkrank« sei. Nachdem Thea am 13. März 1940 eine Tochter zur Welt gebracht hatte, wurde sie am 7. Mai 1940 zusammen mit ihrem Kind in Haus 18 der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg aufgenommen. Dort traf sie auf die Ärztin Clara Schmidt, die der ärztlichen Einschätzung ihres Vorgesetzten und Ärztlichen Direktors Max Bräuner, der zuvor als einer der Richter über Theas Sterilisation geurteilt hatte, nicht widersprach.
Am 10. Dezember 1940 wurden Thea im Städtischen Krankenhaus Lüneburg beide Eileiter entfernt. Danach stimmte Amtsarzt Rohlfing einer Eheschließung zu.
Thea Marienberg wird am 7. April 1921 in Lüneburg geboren.
Ihre Eltern sind Otto und Alwine Marienberg.
Otto ist Fuhr-Unternehmer.
Er ist gegen die Nazis.
Darum kommt er 1934 ins Gefängnis.
Ottos Bruder Albert wird 1931 von Nazis erschossen.
1939 verliebt sich Thea in Erich.
Thea wird schwanger.
Thea und Erich wollen heiraten.
Sie stellen einen Antrag beim Gesundheits-Amt.
Sie brauchen eine Erlaubnis.
Die brauchen jetzt alle in Deutschland die heiraten wollen.
Thea bekommt die Erlaubnis nicht.
Das Lüneburger Gesundheits-Amt sagt:
Viele in der Familie sind schwach-sinnig.
Sie sind gegen die Nazis.
Sie sind gegen uns.
Wer gegen uns ist soll nicht heiraten.
Und keine Kinder bekommen.
Thea darf nicht heiraten.
Sie soll auch keine Kinder bekommen.
Das Lüneburger Gesundheits-Amt entscheidet:
Thea soll sterilisiert werden.
Thea ist schlau.
Sie geht zu einem Gesundheits-Amt nach Hamburg.
Dort will sie ihre Heirats-Erlaubnis.
Das Gesundheits-Amt in Hamburg sagt:
Thea ist nicht schwach-sinnig. Sie darf heiraten.
Aber Thea wohnt in Lüneburg.
Darum bestimmt das Amt in Lüneburg.
Theas Vater Otto beschwert sich.
Auch Erich beschwert sich.
Er will mit Thea zusammen mehr Kinder bekommen.
Er ist Soldat.
Aber seine Beschwerde hat auch keinen Erfolg.
Am 10. Dezember 1940 wird Thea im Lüneburger Kranken-Haus sterilisiert.
Erst danach darf Thea heiraten.
Thea und Erich heiraten am 28. Februar 1941.
Sie haben eine Tochter.
Aber sie können keine weiteren Kinder bekommen.
Am 6. April 1988 stirbt Thea Marienberg in Hamburg.
Einen Tag vor ihrem 67. Geburtstag.
Auch andere Familien-Mitglieder von Thea werden angezeigt.
Theas jüngerer Bruder Heinz soll auch sterilisiert werden.
Aber er wird schon mit 16 Jahren Soldat.
Darum wird er nicht operiert.
Theas ältere Schwester Herta ist schon verheiratet.
Sie soll aber auch noch einmal untersucht werden.
Theas jüngste Schwester ist noch zu jung.
Sie wird erst im Jahr 1936 geboren.
Darum wird sie nicht unfruchtbar gemacht.
Beschluss des Erbgesundheitsgerichtes Lüneburg [Auszug] über Thea Marienberg vom 27.2.1940
Schreiben des Gesundheitsamtes Hamburg an das Gesundheitsamt Lüneburg über Thea Marienberg vom 27.2.1940
Das ist das Urteil vom Erb-Gesundheits-Gericht Lüneburg.
Darin steht: Thea Marienberg ist erb-krank.
Sie soll sterilisiert werden.
Das Urteil ist vom 27. Februar 1940.
Das zweite ist ein Brief vom Gesundheits-Amt Hamburg.
An das Gesundheits-Amt Lüneburg.
Darin steht:
Thea ist nicht schwach-sinnig.
Sie darf heiraten.
Der Brief ist auch vom 27. Februar 1940.
Das ist ein Brief vom Gesundheits-Amt Lüneburg.
Von dem Arzt Hans Rohlfing.
An Thea Marienberg.
Darin steht:
Erich hat sich beschwert.
Er will nicht, dass Thea operiert wird.
In drei Wochen soll es eine Antwort auf die Beschwerde geben.
So lange wird Thea nicht operiert.
Der Brief ist vom 23. September 1940.
Ärztlicher Bericht des Städtischen Krankenhauses Lüneburg über die Sterilisation von Thea Marienberg vom 2.1.1941
Das ist ein Arzt-Bericht vom Kranken-Haus in Lüneburg.
Darin steht:
Thea Marienberg wurde am 10. Dezember 1940 operiert.
Es wurden beide Eier-Stöcke entnommen.
Der Bericht ist vom 2. Januar 1941.
Hochzeitsfoto von Thea und Erich Harenburg vom 28.2.1941
Das ist ein Hochzeits-Foto von Thea und Erich.
Das war am 28. Februar 1941.
6 Wochen nach ihrer Sterilisation.