Hans Rohlfing wurde am 31. Juli 1890 in Rohrbach bei Heidelberg geboren. Er trat in die Fußstapfen seines Vaters und studierte ab Herbst 1908 Medizin an der »Kaiser Wilhelm Akademie für das militärärztliche Bildungswesen« in Berlin. Anfang August 1914 bestand er die ärztliche Prüfung mit der Note »gut« und wurde direkt danach als Truppenarzt in verschiedenen Infanterieregimentern in den Krieg eingezogen. Im Juli 1916 erfolgte die Promotion. Seine Doktorarbeit schrieb er »Über Schußverletzungen mit Platzpatronen«. Nach Kriegsende und fünfmonatiger Internierung in Antwerpen blieb er noch bis April 1920 Sanitätsoffizier bei der Reichswehr. In dieser Zeit lernte er seine Ehefrau Annette von Medow kennen, die er am 28. November 1919 heiratete.
Da er aufgrund des Versailler Vertrages keine Zukunft als Militärarzt hatte, trat er am 1. April 1920 eine Stelle als Medizinischer Amtmann beim Versorgungskrankenhaus Darmstadt an. 1921 wechselte er in das Versorgungsamt nach Uelzen und holte eine Kreisarztprüfung nach, um ein Jahr später zum Kreisassistenzarzt für den Kreisarztbezirk Uelzen-Soltau berufen zu werden. Am 1. April 1928 wurde Rohlfing zum Leiter des Staatlichen Gesundheitsamtes befördert, über Lüchow kam er am 1. Oktober 1930 zum Staatlichen Gesundheitsamt Lüneburg.
Nach der Machtübernahme durch die NSDAP änderte sich Rohlfings Arbeitsfeld eklatant. Hauptsächlich gehörten nun die Beratung in Erb- und Rassenpflege, die erbbiologische Erfassung von sogenannten »Sippen« sowie die Untersuchung und Begutachtung von sogenannten »Erbkranken«, von Ehestandsdarlehensbewerbern, von kinderreichen Familien und von Siedlern nach rassenhygienischen Kriterien zu seinen neuen amtsärztlichen Aufgaben. Er bewilligte oder lehnte Ehetauglichkeitsbescheinigungen und Kinderreichenbeihilfe ab, er stellte im Auftrag der Gestapo die sogenannte »Rassenzugehörigkeit« von Häftlingen fest und bildete Fürsorgerinnen und Gemeindeschwestern zur Anwendung der Rassengesetze aus.
Auch war Hans Rohlfing Mitglied des Lüneburger Erbgesundheitsgerichtes. Bis zum 1. Oktober 1944 war Rohlfing an jedem Sterilisationsverfahren beteiligt, entweder als amtsärztlicher Gutachter oder als gerichtsärztlicher Richter. Glühende Reden, die er ab 1934 hielt, belegen, dass er von seinen neuen Aufgaben überzeugt war. Bereits im März 1938 meldete er dem Amt für Volksgesundheit für sein Einzugsgebiet, dass »[…] 80% aller Erbkranken und erbkranken Familien jetzt erfasst worden [seien].«
Da das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« nach 1945 noch Gültigkeit behielt, wurde seine Verstrickung in die Zwangssterilisationen im Zuge seines Entnazifizierungsverfahrens nicht als Unrecht, sondern als gesetzeskonform definiert. Nur so war es möglich, dass Hans Rohlfing sein 40-jähriges Dienstjubiläum unbeschadet feiern konnte und bis zu seiner Pensionierung als Oberregierungs- und Medizinalrat tätig war. 1951 wurde er zudem Vertrauensarzt der Landesversicherungsanstalt und Gefängnisarzt beim Landgericht Lüneburg. 1953 wurde er erneut gerichtsärztlicher Gutachter sowie Obergutachter beim Landgericht und beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg. 1955 ging Hans Rohlfing in den Ruhestand. Er starb am 26. Februar 1977 im Alter von 86 Jahren und hinterließ keine Kinder.
Hans Rohlfing wird am 31. Juli 1890 geboren.
Sein Vater ist Arzt.
Hans Rohlfing wird auch Arzt.
1914 wird er Arzt für die Soldaten im 1. Welt-Krieg.
Er bleibt bis 1920 Arzt in der Armee.
Da ist der Krieg schon aus.
1919 heiratet er seine Frau Anette.
Aber er kann nicht Arzt in der Armee bleiben.
Er wird Arzt im Gesundheits-Amt.
In verschiedenen Orten.
1930 wird er Arzt im Gesundheits-Amt Lüneburg.
Dort kümmert er sich um die Menschen in Lüneburg.
Um ihre Gesundheit.
Um ihren Schutz vor Krankheiten.
Das ändert sich 1933.
Nun bestimmen die Nazis in Deutsch-Land.
Hans Rohlfing hat nun andere Aufgaben.
Er soll Menschen finden die erb-krank sind.
Er untersucht viele Menschen:
• die heiraten wollen
• die viele Kinder haben
• die Familien-Angehörige mit einer Behinderung haben
• die im Gefängnis sind
Ab 1934 ist er auch Richter.
Am Erb-Gesundheits-Gericht in Lüneburg.
Dort ist er zehn Jahre.
Das ist seine Haupt-Aufgabe.
Dort bestimmt er mit zwei anderen Richtern.
Er bestimmt über viele Menschen.
Er entscheidet:
481 Menschen werden sterilisiert.
Gegen ihren Willen.
Hans Rohlfing ist ein Nazi.
Er denkt:
Es ist gut dass viele Menschen sterilisiert werden.
Er will alle Menschen mit Erb-Krankheiten im Land-Kreis Lüneburg finden.
Viele Menschen dürfen nicht heiraten.
Weil er es nicht erlaubt.
Er meldet auch viele Kinder und Jugendliche.
Er sagt:
Diese Kinder haben eine Behinderung.
Sie müssen in eine Anstalt.
Viele Kinder werden in der Kinder-Fach-Abteilung Lüneburg getötet.
Hans Rohlfing ist ein Nazi.
Aber er ist nicht in der Nazi-Partei.
Als der Krieg aus ist wird er entlassen.
Von den Engländern.
Aber bald darf er wieder arbeiten.
Weil er nicht in der Nazi-Partei war.
Bis 1955 arbeitet Hans Rohlfing als Arzt.
Er hat viel Macht.
Er bestimmt weiter über viele Menschen.
Er ist Gefängnis-Arzt.
Und er untersucht Menschen die vor Gericht stehen.
Dann schreibt er einen Bericht.
Dann bekommen die Menschen eine Strafe.
Der Bericht ist dabei sehr wichtig.
Hans Rohlfing ist sehr wichtig.
Am 26. Februar 1977 stirbt Hans Rohlfing.
Er ist 86 Jahre alt.
Für seine Verbrechen wird er nie bestraft.