Geschichte Raum geben

Einleitung

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Etwa 50 Prozent der Angehörigen, die Kontakt zur »Euthanasie«-Gedenkstätte Lüneburg aufnehmen, sind Brüder und Schwestern von »Euthanasie«-Opfern. Sie wissen meist nicht, was ihrem Geschwisterkind widerfahren ist und erfahren es von den Gedenkstätten-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Mit der Klärung des Schicksals endet oft eine jahrzehntelange Suche nach dem Bruder bzw. der Schwester.

Viele Menschen fragen die Gedenk-Stätte.
Nach ihren Geschwistern.
Sie wollen wissen:
Was ist mit meinem Bruder oder meiner Schwester passiert?
Viele bekommen eine Antwort.
Nach vielen Jahren.

Alltag

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Damals wie heute ist der Alltag mit einem Geschwisterkind mit Behinderung geprägt von der besonderen Situation, von Herausforderungen und einem hohen Maß an Verantwortung. Die Geschwister des Kindes mit Behinderung müssen schnell selbstständig werden, ordnen ihre Wünsche und Bedürfnisse unter und übernehmen als »pflegende Kinder« Aufgaben, die nicht alters- und rollengemäß sind. Das betraf auch Kinder und Jugendliche im Nationalsozialismus, die Geschwister von Kindern mit Behinderungen waren.

Zu Hause kümmerten sich Brüder und Schwestern um diese Kinder. Sie spielten mit ihnen, versorgten und betreuten sie, gaben ihnen zu essen. Sie teilten das gemeinsame Zuhause, halfen im Alltag und beschäftigten das Geschwisterkind mit Behinderung, zumal es in der Regel weder einen Kindergarten noch eine Schule besuchte.

In einer Familie müssen alle helfen.
Viele Kinder kümmern sich um ihre kranken Geschwister.
Das war auch früher so.
In der Nazi-Zeit gibt es für Kinder mit Behinderungen keine Schule.
Und keinen Kinder-Garten.
Nur die Familie kümmert sich um Kinder mit einer Behinderung.
Die Eltern und die Geschwister.

Ingeborg

saß oft in der Küche in einem Stühlchen. Sie wurde von ihrer jüngeren Schwester Renate gefüttert. Einmal biss sie ihrer Schwester dabei in den Finger und lachte vor Schadenfreude. »Dumm war sie nicht«, erinnert sich Renate Beier.

Privatbesitz Renate Beier, geb. Wahle.

Ingeborg sitzt oft in der Küche.
In einem kleinen Stuhl.
Ihre Schwester Renate füttert sie.
Einmal beißt Ingeborg ihrer Schwester in den Finger.
Dann lacht Ingeborg.
Renate sagt: Ingeborg war nicht dumm.

Friedrich, Rolf und Heinz

Schäfer teilten sich im Elternhaus in Bovenden bei Göttingen ein Kinderzimmer. Am Nachmittag trugen sie Heinz überall mit hin oder fuhren ihn in einem Wägelchen. »Er war immer dabei«, berichten die Brüder und die Cousine. Es gab einen Garten, in dem sich die Kinder oft aufhielten. Dort war auch ein Gartenhäuschen, in dem sie manchmal Kuchen aßen.
Heinz wurde in dem Garten in einem Wägelchen hin und her geschoben, damit er an die frische Luft kam.


Rolf mit seinem Bruder Heinz Schäfer auf dem Arm. Der Bruder Friedrich ist nicht auf dem Bild, denn er macht das Foto, ca. Sommer 1941.

Privatbesitz Rolf Schäfer.

Friedrich, Rolf und Heinz sind Brüder.
Sie teilen sich ein Kinder-Zimmer.
Heinz kann nicht laufen.
Friedrich und Rolf schieben Heinz in einem kleinen Wagen.
Sie nehmen ihn immer mit.
Die Kinder sind oft in einem Garten.
Heinz ist immer dabei.
Friedrich macht gerne Fotos.
Auf dem Foto sieht man Heinz und Rolf.
Rolf hat Heinz auf dem Arm.

Helgas Eltern

mussten in der Landwirtschaft schwer arbeiten, um neben der Bewirtschaftung des eigenen Hofes auch die Pacht abzuarbeiten. Ihre Mutter war darauf angewiesen, dass die Geschwister und Nachbarskinder Helga beaufsichtigten. Sie wurde in einem Wagen auf den Hof geschoben und schaute den anderen Kindern beim Spielen zu. Manchmal saß sie auch auf einem Hocker.

Anita, Helga und Helmut Volkmer, ca. 1937.


Privatbesitz Marlene Volkmer.

Helga, Anita und Helmut sind Geschwister.
Die Eltern haben einen Bauern-Hof.
Sie müssen viel arbeiten.
Die Geschwister und die Nachbars-Kinder passen auf Helga auf.
Helga sitzt in einem Wagen.
Sie schaut den Kindern beim Spielen zu.

Anita, Helga und Helmut Volkmer, um 1937.

Hin und wieder

kam die Kindergärtnerin aus dem Ort vorbei, um auf Helga aufzupassen. Mit der Einweisung in die Rotenburger Anstalten der Inneren Mission verband sich der Wunsch, einen Schulbesuch zu versuchen, der in ihrem Ort nicht möglich war.

Helga Volkmer mit ihrem Bruder Helmut und der Kindergärtnerin Ilse, ca. 1935.


Privatbesitz Marlene Volkmer.

Manchmal kommt Ilse.
Ilse ist die Kinder-Gärtnerin aus dem Dorf.
Sie passt dann auf Helga auf.
Später kommt Helga in eine Anstalt nach Rotenburg.
Sie soll dort in die Schule gehen.
Das wünschen sich die Eltern.

Helga Volkmer mit ihrem Bruder Helmut.
Und mit der Kinder-Gärtnerin Ilse, um 1935

Schattenkinder

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Wegen fehlender Hilfsmittel, Therapien und Förderung sowie entweder noch nicht existierender oder mangelnder Medikamente, war das Leben mit einem Geschwisterkind mit Behinderung im Nationalsozialismus beschwerlicher als heute. Oft konnten sich die Familien nur notdürftig helfen und erhielten nur wenig Unterstützung von außen. Der Besuch einer Hilfsschule etwa kam für viele Kinder mit Behinderungen nicht infrage, auch die Unterbringung
in einer Einrichtung war nur selten möglich.

Auch deshalb standen Brüder und Schwestern damals im Alltag häufig im »Schatten« ihrer Geschwister mit Behinderungen. Deswegen heißen sie »Schattenkinder«. Schattenkinder lernen auch heute noch früh, Verantwortung zu übernehmen und zurückzustecken, gleichzeitig aber auch Toleranz, Geduld und die Bedeutung von Vielfalt. Es gibt Geschwister, die zu schwer an der Behinderung ihrer Schwestern und Brüder trugen, für die meisten jedoch war das Leben mit der Behinderung Normalität.

In der Nazi-Zeit gibt es für Kinder mit Behinderung wenig Hilfe.
Es gibt keine Medikamente.
Es gibt keine Behandlung.
Die Familie muss sich alleine um ein Kind mit Behinderung kümmern.
Die Geschwister werden dann nicht so viel beachtet.
Die Eltern haben wenig Zeit für sie.
Man sieht sie nicht.
Sie stehen »im Schatten«.
Man sagt dann auch »Schatten-Kinder«.
Für manche Geschwister ist das schwer.
Aber für viele ist das ganz normal.

Christian Meins

nahm in der Familie eine besondere Stellung ein.

»Wenn du weiter nichts hast, aber wenigstens dein Söhnchen«

steht auf der Rückseite eines Fotos von Christian. Die Eltern sprachen viel über Christian und schenkten ihrem jüngeren Kind Heidi auch nach Christians Tod wenig Aufmerksamkeit. Heidi blieb im »Schatten« ihres Bruders.

Postkarte von Christian Meins, ca. 1942,
Vorder- und Rückseite.

Privatbesitz Heidi Frahm.

Christian ist den Eltern sehr wichtig.
Sie sprechen viel über ihn.
Auch nach seinem Tod.
Für die jüngere Schwester Heidi haben sie sich nicht so viel Zeit.
Heidi bleibt »im Schatten«.

Die Schwestern

Käthe und Elfriede Ossmer waren »Schattenkinder«. Sie waren fünf und sechs Jahre jünger als ihre Schwester Martha, die infolge eines Behandlungsfehlers während der Geburt entwicklungsverzögert war. Martha hatte zu ihrem Vater eine besondere Beziehung. Sie spürte, wenn er von der Arbeit nach Hause kam und lief dann immer zu einem Tor, um ihn dort zu begrüßen. Käthe und Elfriede mussten ihre Schwester z. B. auf einen Toilettenstuhl setzen und kleine pflegerische Aufgaben übernehmen. Das verband die Schwestern auch nach Marthas Tod ein Leben lang.

Käthe und Elfriede Ossmer, ca. Weihnachten 1933.

Privatbesitz Elfriede Thölken, geb. Ossmer.

Käthe, Elfriede und Martha sind Schwestern.
Käthe und Elfriede sind »Schatten-Kinder«.
Martha ist die Älteste.
Sie hat eine Behinderung.
Martha hat ihren Vater sehr lieb.
Sie merkt immer:
Jetzt kommt Vater von der Arbeit.
Dann geht sie zum Garten-Tor.
Käthe und Elfriede sind fünf und sechs Jahre jünger als Martha.
Sie kümmern sich um Martha.

Käthe und Elfriede, ca. Weihnachten 1933

Rudolf Hagedorn

litt an epileptischen Anfällen und hatte vermutlich eine Lernbeeinträchtigung. Für seine Schwester Ingrid spielte die Behinderung keine Rolle und gehörte sein Handicap zum Familienalltag dazu. Nachdem der Vater zum Kriegsdienst eingezogen worden war, übernahm Rudolf gerne die Rolle des »Mannes im Hause«, erinnert seine Schwester. Er brachte ihr auch das Laufen bei.

Rudolf Hagedorn und seine Schwester Ingrid, ca. Januar 1943.

Privatbesitz Ingrid Hruby.

Rudolf hat eine Krankheit.
Manchmal bekommt er Krämpfe.
Er kann nicht so gut lernen.
Seine Schwester Ingrid kennt es nicht anders.
Rudolf kümmert sich um seine Schwester.
Er bringt ihr das Laufen bei.

Günter

war das vierte Kind von insgesamt fünf Geschwistern. Seine Schwester Ursula (Ulla) war nur ein Jahr jünger als er. Sie und ihre älteren Schwestern mussten sich viel um ihren Bruder kümmern.

Sie pflegten ihn. Ulla streunte mit ihm durch die Wälder und wurde auch dadurch früh selbstständig. Im Winter ging der Vater mit Ulla und Günter Schlittenfahren.  

Ulla mit ihrem Bruder Günter Schulze beim Schlittenfahren, ca. 1940. 


Privatbesitz Ursula Heins.

Das ist ein Foto.
Es zeigt Ulla und ihren Bruder Günter.
Sie fahren Schlitten.
Ulla und ihre Schwestern passen auf Günter auf.
Günter hat eine Behinderung.
Sie helfen ihm.
Sie kümmern sich um ihn.
Auf dem Foto sind Ulla und Günter 3 und 4 Jahre alt.

Besuche und Pflegschaft

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Es gibt Geschwisterkinder, die ihre Schwestern und Brüder in der Lüneburger »Kinderfachabteilung« besuchten. Sie erinnern, dass es auf Station sehr laut gewesen sei. Man habe eine Decke bekommen, um bei schönem Wetter draußen auf der Wiese gemeinsam Zeit verbringen zu können.

Es gab Geschwister, die im Erwachsenenalter die Pflegschaft für ihre Brüder und Schwestern übernahmen. Mit der Pflegschaft verband sich in Einzelfällen auch ein Versuch, die Geschwister aus der Anstalt herauszuholen. Unter anderem, weil ihre Arbeitskraft benötigt wurde.

Manche Kinder sind in einer Anstalt.
In einer »Kinder-Fach-Abteilung«.
Manchmal bekommen die Kinder dort Besuch.
Von der Familie.
Manchmal kommen auch die Geschwister.
Im Kranken-Zimmer ist es laut.
Bei schönem Wetter bekommen die Kinder eine Decke.
Dann sitzen sie zusammen auf der Wiese.

Manche wollen ihre Geschwister aus der Anstalt holen.
Manche wollen Hilfe bei der Arbeit.

Weil Inges Familie

in Lüneburg lebte, konnte Käthe ihre neun Jahre jüngere Schwester mehrmals in der Woche besuchen. Bei einem dieser Besuche entstand dieses Foto. Es muss von einer Pflegekraft aufgenommen und später ein Abzug zur Erinnerung mitgegeben worden sein.

Käthe mit ihrer Schwester Inge Roxin,
»Kinderfachabteilung« Lüneburg, 1943.

Privatbesitz Sigrid Roxin/Käthe Wandel, geb. Roxin.

Inge kommt in die Lüneburger »Kinder-Fach-Abteilung«.
Die Familie wohnt in Lüneburg.
Inges Schwester Käthe besucht sie dort oft.
Eine Kranken-Schwester macht ein Foto von Inge und Käthe.
Sie schenkt Käthe das Foto.

Alwine St.,

geb. Bruchmüller, hatte sich um die Pflegschaft ihres Bruders Günther bemüht. Günther war gemeinsam mit dem Bruder Hermann in die »Kinderfachabteilung« Lüneburg aufgenommen worden. 1943 wurden beide in die Stiftung Eben-Ezer verlegt. 1944 kehrte Günther zurück in die »Kinderfachabteilung« Lüneburg ins Haus 25.
Dort starb er am 2. Dezember 1956 nach
14 Jahren Anstaltsaufenthalt. Obwohl seine Schwester die Pflegschaft besaß, wurde sie
über den Tod ihres Bruders nicht informiert.

Brief von Alwine St. an das
Landeskrankenhaus Lüneburg vom 30.7.1957.


NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2004/134 Nr. 3058.

Günther ist lange in einer Anstalt.
Über 14 Jahre lang.
Günthers Schwester Alwine hat die Pflegschaft.
Dann stirbt Günther in der Anstalt.
Keiner sagt es seiner Schwester Alwine.

Waltraut G.

bemühte sich, ihren jüngeren Bruder Siegfried Eilers von seinem Anstaltsaufenthalt zu beurlauben. Sie hoffte, er könne im landwirtschaftlichen Betrieb mithelfen. Nachdem sie erfuhr, dass ihr gehörloser und sprachbeeinträchtigter Bruder nur Hilfsarbeiten unter Aufsicht ausführen könne, wurde der Urlaubsantrag zurückgezogen.

Siegfried blieb bis 1969 Patient der Lüneburger Anstalt und starb 1976 in Schloss Ringelheim, einer Außenstelle des Landeskrankenhauses Königslutter.

Schreiben von Waltraut G. an das Niedersächsische Landeskrankenhaus Lüneburg vom 28.11.1955.

NLA Hannover Nds. 330 Lüneburg Acc. 2012/64 Nr. 1603.

Waltraud möchte ihren Bruder Siegfried aus der Anstalt holen.
Er soll auf dem Bauern-Hof helfen.
Aber Siegfried kann nicht gut helfen.
Er kann nicht hören und nicht gut sprechen.
Da sagt Waltraud:
Siegfried soll in der Anstalt bleiben.
Siegfried stirbt zwanzig Jahre später.
In einer Anstalt.

Flucht und Suche

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Es gibt Geschwister, die über Jahrzehnte versuchten, das Schicksal ihres Bruders oder ihrer Schwester zu klären.
Die Geschwister wurden während der Flucht getrennt, es kam entweder in den Auffanglagern zu Selektionen oder die Geschwister gerieten durch die widrigen Fluchtbedingungen in die rassenhygienische Verfolgung. Die überlebenden Geschwister bemühten sich, den Sterbeort herauszufinden, suchten die Gräber und wollten wissen, was ihren Schwestern und Brüdern in der NS-Zeit widerfahren war. Das Internet und moderne Medien erleichtern die Klärung von Schicksalen für jene Geschwister, die nicht mehr in der Region Lüneburg und zum Teil weit entfernt leben.

Viele Menschen wollen wissen:
Was ist mit ihrem Bruder oder ihrer Schwester passiert.
In der Nazi-Zeit.
Wie ist ihr Bruder oder ihre Schwester gestorben.
Und wo ist das Grab.
Heute gibt es das Internet.
Das hilft bei der Suche.

Aenne und Erich Lorenz

sagten ihren Söhnen Helmut und Rolf nicht, dass ihr jüngerer Bruder eine Behinderung hatte und über Solingen nach Lüneburg in die »Kinderfachabteilung« gekommen war. Spuren, die auf seine Behinderung hindeuteten, wurden nach Möglichkeit verwischt.

Schreiben des Kreises Solingen an Aenne Lorenz vom 25.1.1945. Die Worte »geistig wie körperlich minderwertig« sind übermalt.

Privatbesitz Helmut Lorenz.

Aenne und Erich Lorenz haben drei Söhne.
Helmut, Rolf und Dieter.
Dieter kommt in die »Kinder-Fach-Abteilung« Lüneburg.
Die Eltern sagen das Helmut und Rolf nicht.
Sie sagen auch nicht: Dieter hat eine Behinderung.

Das ist ein Brief an die Mutter Aenne.
Der Brief ist vom Amt über Dieter.
Darin steht: Dieter ist körperlich und geistig minder-wertig.
Aenne über-malt diese Wörter.
Niemand soll das lesen.

Helmut Lorenz

suchte seinen kleinen Bruder Dieter, nachdem er mit seinem älteren Bruder Rolf und seinen Eltern im Herbst 1944 zunächst von den Niederlanden nach Deutschland geflüchtet und im Jahr 1952 nach Kanada ausgewandert war. Durch den Aufbau eines digitalen Familienstammbaums fanden sich deutsche Verwandte.

Nur durch Kontakt nach Deutschland konnte Dieter bzw. sein Grab nach über 70 Jahren von seinem Bruder Helmut gefunden werden.

Rolf, Dieter und Helmut Lorenz, Eindhoven, ca. Frühjahr 1943. Die Jungs schoben ihren kleinen Bruder immer in einem Wägelchen durch die Nachbarschaft.


Privatbesitz Helmut (Hank) Lorenz.

Rolf und Helmut haben einen kleinen Bruder.
Der heißt Dieter.
1952 gehen Rolf und Helmut mit ihren Eltern nach Kanada.
Viel später sucht Helmut seinen kleinen Bruder.
Er möchte wissen:
Was ist passiert.
Das Internet hilft bei der Suche.
Helmut findet Verwandte in Deutsch-Land.
Helmuts Cousin hilft bei der Suche.
Sie finden Dieters Grab.
Helmut weiß dann:
Das ist mit Dieter passiert.

Rolf und Dieter und Helmut Lorenz, ca. Früh-Jahr 1943.
Rolf und Helmut schieben Dieter immer in einem kleinen Wagen.

Rudolf,

seine Geschwister und seine Mutter flüchteten im Laufe des Jahres 1944 aus Arnswalde (Pommern) nach Soltau. Ihnen wurde ein kleines Zimmer zugewiesen. Die geflüchtete Familie wurde nicht mit offenen Armen empfangen. Rudolf wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch deswegen aufgrund seiner Epilepsie denunziert. Da er seine jüngeren Geschwister beaufsichtigte, wirkte sich sein Anstaltsaufenthalt auch auf deren Betreuungssituation aus. Während seines Aufenthaltes lief er weg und versuchte, wieder zu seiner Familie zurückzukehren.

Auszug aus der Krankengeschichte von Rudolf Hagedorn. 


NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 258.

Rudolf und seine Mutter und Geschwister müssen fliehen.
Weil Krieg ist.
Sie kommen nach Soltau.
Das ist eine kleine Stadt in Nieder-Sachsen.
Sie wohnen in einem kleinen Zimmer in einem Haus.
Die Haus-Bewohner wollen die Familie nicht.
Sie melden Rudolf.
Rudolf muss in die Lüneburger Anstalt.
Er kann nicht mehr auf seine Geschwister aufpassen.
Rudolf läuft aus der Anstalt weg.
Er will wieder zu seiner Familie.

Aus der Kranken-Geschichte von Rudolf.