Geschichte Raum geben

Inge Roxin

und ihre Schwester Käthe

Mithilfe von Alina Keseling, Laura-Sophie Kwiecinski, Sophia Sandt und Carolin Stüber

  • Inge Roxin
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Inge Roxin war das sechste Kind ihrer Familie. Ihre Eltern waren die Köchin Anna, geborene Zöpfgen, und der Kraftfahrer Eugen Roxin. Später arbeitete der Vater beim Landkreis Lüneburg und die Familie zog vom Schmaarkamp ins Stadtzentrum.

Inge Roxin ist das sechste Kind der Familie Roxin.
Ihre Mutter Anna ist Köchin.
Ihr Vater Eugen ist LKW-Fahrer.
Später arbeitet er beim Land-Kreis.
Sie wohnen in der Stadt Lüneburg.

Die Roxins

lebten zunächst in einer Baracken-Siedlung Auf dem Schmaarkamp 3. Ca. 1941 erfolgte der Umzug in die Rotehahnstraße.

Inge Roxin im Kinderwagen, Auf dem Schmaarkamp 3.

Privatbesitz Sigrid Roxin.

Das ist Inge Roxin.
Sie liegt in einem Kinder-Wagen.
Das ist in einer Baracken-Siedlung.
Da wohnt die Familie zuerst.
Dann zieht die Familie in die Innen-Stadt.
In die Rote-Hahn-Straße.

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Inge wurde mit ihren fünf älteren Geschwistern ab dann in der Rotehahnstraße 4 in Lüneburg groß. Im gleichen Wohnhaus lebte die Familie Petersen, deren Tochter »Mike« ebenfalls entwicklungsverzögert war. Beide Mädchen wurden im Abstand von vier Monaten in die Lüneburger »Kinderfachabteilung« aufgenommen.

Inge wohnt in der Haus-Nummer vier.
Im gleichen Haus wohnt eine zweite Familie.
Sie hat auch ein Kind mit Behinderung.
Ein Mädchen.
Es heißt Mike.
Mike und Inge müssen in die Lüneburger Anstalt.
Beide werden Patient in der »Kinder-Fach-Abteilung«.

Dieses Bild

zeigt die Schwestern von Inge: Anni, Käthe und Ruth Roxin, ca. 1936. 


Privatbesitz Sigrid Roxin.

Das ist ein Foto von den Schwestern von Inge.
Inge ist nicht darauf zu sehen.
Links ist Anni Roxin.
In der Mitte ist Käthe Roxin.
Rechts ist Ruth Roxin.
Das Bild ist aus dem Jahr 1936.

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Inge Roxin war an den »Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden« in Berlin gemeldet worden. Wenige Wochen später brachte Anna Roxin ihre Tochter in die Anstalt.

Für Kinder mit Behinderungen gibt es eine Melde-Pflicht.
Das gilt für die Zeit des National-Sozialismus.
Auch Inge wird gemeldet.
Drei Ärzte in Berlin entscheiden:
Inge muss in die Anstalt.
Danach muss Anna Roxin ihre Tochter in die Anstalt bringen.

Schreiben

des »Reichsausschusses« an das Staatliche Gesundheitsamt Lüneburg, 16.3.1943.

NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 161.

Das ist ein Brief der drei Ärzte.
Darin steht:
Inge Roxin muss in eine Anstalt.
Sie muss in die »Kinder-Fach-Abteilung« Lüneburg.

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Inge kam in das Haus 25 auf die Mädchen-Station. Da Inges Familie in der Nähe lebte, gab es die Möglichkeit, sie zu besuchen. Mehrmals in der Woche bekam Inge von ihrer neun Jahre älteren Schwester Käthe Besuch. Eine Pflegekraft gab ihnen eine Decke, damit sie draußen auf der Wiese vor Haus 25 sitzen konnten. Auch wurden Schnappschüsse angefertigt. Sie wurden Käthe mitgegeben.

Inge wird in die »Kinder-Fach-Abteilung« aufgenommen.
Sie kommt in das Haus fünf-und-zwanzig.
Die Familie kann Inge besuchen.
Weil sie in der Nähe wohnt.
Sie können zu Fuß in die Anstalt laufen.
Das macht ihre Schwester Käthe.
Ganz oft in der Woche kommt Käthe zu Inge.
In das Haus fünf-und-zwanzig.
Käthe bekommt eine Decke.
Sie setzt sich mit Inge auf eine Wiese.
Es wird ein Foto gemacht.

»Liegt im Bett streckt die Beine in die Luft, versucht an ihren Füßen zu kauen. Schaukelt gleichmäßig (…) Bei Berührung oder Hochnehmen unzufriedenes Weinen.«

Zitat von Willi Baumert, Leiter der »Kinderfachabteilung«, 13.4.1943.

NLA Hannover Hann. 155 Lüneburg Acc. 56/83 Nr. 161.

Das sagt Willi Baumert.
Er ist der Arzt von Inge.

Diese Aufnahme

entstand in der »Kinderfachabteilung« Lüneburg.

Foto von Inge Roxin, 1943.

Privatbesitz Sigrid Roxin.

Das ist Inge Roxin.
Sie liegt in einem Gitter-Bett.
Das ist in Haus fünf-und-zwanzig.
Das Foto ist von 1943.

Der Schnappschuss

zeigt Inge auf dem Schoß ihrer älteren Schwester Käthe. Sie erhielt es zur Erinnerung an ihre kleine Schwester.

Sommer 1943.

Privatbesitz Sigrid Roxin.

Das ist ein Foto von Inge und Käthe.
Käthe ist die große Schwester von Inge.
Käthe trägt Inge auf ihrem Schoß.
Es ist in der »Kinder-Fach-Abteilung« entstanden.
Im Garten von Haus fünf-und-zwanzig.

Das Foto ist verwackelt.
Es ist ein Schnapp-Schuss.
Käthe hat das Foto geschenkt bekommen.
Zur Erinnerung an ihre Schwester Inge.
Das ist im Sommer 1943.

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Als Inge Erkältungssymptome zeigte, wurde sie – solange Käthe sie besuchte – mit Medikamenten behandelt, für die noch keine Zulassung vorlag. Sie überwand die Erkrankung. Die regelmäßigen Besuche ihrer Schwester und drei Besuche ihrer Mutter erschwerten die Ermordung, da keine Geheimhaltung möglich war. Während einer Woche, in der kein Besuch stattfand, wurde Inge Roxin ermordet. Sie starb am 20. Oktober 1943.

Inge wird krank.
Sie erhält Medizin.
Die Medizin kann man noch nicht kaufen.
Sie wird an Inge aus-probiert.
Inge wird wieder gesund.

Käthe besucht ihre Schwester Inge ganz oft.
Auch ihre Mutter besucht sie.
Dadurch ist kein Mord möglich.
Der Mord kann nämlich durch die Besuche nicht geheim bleiben.
In einer Woche kommt kein Besuch.
In der Woche wird Inge ermordet.
Sie stirbt am 20. Oktober 1943.

Traueranzeige

Inge Roxin, Oktober 1943.

Privatbesitz Sigrid Roxin.

Das ist eine Sterbe-Anzeige.
Sie steht in der Lüneburger Zeitung.
Alle können lesen:
Inge ist gestorben.
Die Eltern und die Geschwister sind sehr traurig.
Die Anzeige ist am Todes-Tag gemacht worden.

Als junge Frau

erlernte Käthe den Beruf der Krankenschwester. Heute lebt Käthe über 90-jährig in Mitteldeutschland. Sie hält die Erinnerung an ihre jüngere Schwester wach.

Käthe Roxin, ca. 1950er Jahre.

Privatbesitz Sigrid Roxin.

Das ist Käthe als erwachsene Frau.
Sie ist Kranken-Schwester.
Sie arbeitet in einem Kranken-Haus.
Das Foto ist aus der Zeit nach 1950.
Da ist Inge schon zehn Jahre tot.

Käthe lebt noch.
In der Mitte von Deutsch-Land.
Ihr ist die Erinnerung an ihre Schwester Inge wichtig.