Geschichte Raum geben

Dieter Lorenz

und sein Bruder Helmut (Hank)

Mithilfe von Yesim Aydemir, Kira Frani, Charlotte Petersen und Meg Rauch.

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Dieter Lorenz wurde am 26. Februar 1942 in Eindhoven in den Niederlanden geboren. Sein Vater Erich war Kaufmann und stammte aus Schmölln in Thüringen. Seine Mutter Aenne (geborene Vennemann) war Niederländerin und Apothekerin. Sie heirateten 1934 und bekamen drei Söhne: Rolf, Helmut und Dieter.

Dieter Lorenz wird am 26. Februar 1942 geboren.
Seine Eltern sind Aenne und Erich Lorenz.
Sie leben in den Nieder-Landen.
Das ist ein Nachbar-Land von Deutsch-Land.
Erich hat ein Geschäft.
Aenne ist Apothekerin.
Sie haben drei Söhne.
Sie heißen Rolf, Helmut und Dieter.

Familienfoto

mit Dieter, Rolf und Helmut Lorenz (Vordergrund von links nach rechts), Aenne und Erich Lorenz dahinter und ganz hinten Heinrich Wilhelm Vennemann, Dieters Großvater, ca. Herbst 1942.

Privatbesitz Helmut Lorenz.

Auf dem Foto ist Dieter.
Dieter ist das Baby auf der linken Seite.
Neben Dieter sind seine Brüder.
Rolf ist das Kind in der Mitte.
Helmut ist ganz rechts.
Hinter den Kindern sind die Eltern von Dieter.
Und der Opa von Dieter.
Das Foto ist im Herbst 1942 auf-genommen.
Dieter ist ein halbes Jahr alt.

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Weil Erich in die Wehrmacht eingezogen wurde und Aenne ab dann das Werkzeuggeschäft alleine führen musste, gab sie Dieter vorübergehend in ein Kinderheim. Anfang September 1944 wurde es evakuiert, ohne dass die Eltern informiert wurden. Die Suche nach Dieter begann. Erich ließ sich zu Kommandos versetzen, wo Aenne über die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt in Erfahrung gebracht hatte, dass Dieter dort sein könne – vergeblich.

Erich wird Soldat im Krieg.
Also muss Aenna das Geschäft alleine führen.
Sie kann sich nicht mehr um Dieter kümmern.
Dieter kommt in ein Kinder-Heim.
Da ist er 2 Jahre alt.
Seine Mutter besucht ihn.

Wenig später muss Dieter in ein anderes Heim um-ziehen.
Dieter kommt in ein Kinder-Heim nach Lüneburg.
Zusammen mit einem Mädchen Rita.
Doch die Eltern von Dieter wissen das nicht.
Sie wissen nicht wo er ist.
Sie suchen ihn überall.
Sogar mitten im Kampf-Gebiet.

Rolf, Dieter und Helmut Lorenz,

Eindhoven, ca. Frühjahr 1943. Die Jungs schoben ihren kleinen Bruder immer in einem Wägelchen durch die Nachbarschaft.

Privatbesitz Helmut Lorenz.

Auf dem Foto ist Dieter mit seinen beiden Brüdern.
Dieter sitzt in einer Kinder-Karre.
Zwischen seinen Brüdern.
Rolf steht auf der linken Seite.
Helmut steht auf der rechten Seite.
Das Foto ist im Frühjahr 1943 auf-genommen.
Auf dem Foto ist Dieter etwa 1 Jahr alt.

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Dieter kam über Hilden bei Solingen und Hannover nach Lüneburg in ein Auffanglager für elternlose Kinder. Es war in der Hasenburg untergebracht. Dort wurde er selektiert und am 28. November 1944 in die »Kinderfachabteilung« Lüneburg eingewiesen.

Eine Frau in dem Heim in Lüneburg sagt:
Dieter ist anders.
Daher kommt Dieter in die Anstalt in Lüneburg.
Er kommt in die Kinder-Fach-Abteilung.

Als Dieter in Lüneburg ankam,

hatte er eine Schachtel dabei, auf der sein Name »Lorenz« geschrieben war. Weil Rita den Breker, ein weiteres Mädchen aus dem Kinderheim, ihn als ihren »Bruder Dieter« bezeichnete, wurde er als »Dieter Lorenz« in die »Kinderfachabteilung« aufgenommen. Die Kinderpflegerin Hedwig Vermat bestätigte, dass sie Rita und Dieter bei der Evakuierung begleitet hatte.

Vermerk, ohne Verfasser, ohne Datum, ca. Dezember 1944.

Privatbesitz Helmut Lorenz.

Dieter spricht nicht.
Niemand weiß wie er heißt.
Nur Rita kennt den Namen von Dieter.
Rita ist eine Freundin von Dieter.
Und eine Pflegerin kennt seinen Namen.
Sie kennen sich aus dem Heim.
Der Nach-Name von Dieter steht auch auf einer Schachtel.
Die hat Dieter bei sich.
So wissen die Ärzte:
Das ist Dieter Lorenz.

Das ist eine Liste.
Auf der Liste stehen die Namen von Rita und Dieter.
Die Liste ist aus dem Jahr 1944.

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Bei seiner Aufnahme wurde bei Dieter eine geistige Behinderung diagnostiziert. Weil angenommen wurde, er habe keine Eltern, und die Stadt Lüneburg zunächst keine Kostenübernahme für das nicht-deutsche Kind zusicherte, wurde er 16 Tage nach seiner Aufnahme ermordet. Dieter starb am 14. Dezember 1944.

Im Januar 1945 teilte die Stadt Lüneburg mit, dass sie die Pflegekosten für Dieter übernehmen werde. Dieters Eltern erfuhren erst im Februar 1945 von seinem Tod.

Am Anfang ist Dieter noch gesund.
Der Aufenthalt in der Kinder-Fach-Abteilung kostet Geld.
Aber niemand will für Dieter bezahlen.
Und alle denken:
Dieter hat keine Eltern.
Sie wollen sich nicht um ein Kind aus dem Aus-Land kümmern.
Deshalb entscheidet der Arzt:
Dieter soll sterben.

Nur zwei Wochen vergehen.
Eine Kranken-Schwester gibt Dieter ein Medikament.
Davon wird er krank und stirbt.
Die Kranken-Schwester ermordet Dieter.

Die Stadt Lüneburg entscheidet:
Wir zahlen doch für Dieter.
Da ist Dieter aber schon tot.
Dieter wird auf einem Fried-Hof in Lüneburg begraben.
Seine Eltern erfahren es viele Wochen später.

Schreiben der Wohlfahrtspflege

und Jugendhilfe Hilden an die NSDAP-Kreisleitung Solingen, 16.1.1945.

Privatbesitz Helmut Lorenz.

Das ist ein Brief.
Er ist von einem Jugend-Amt.
Das Jugend-Amt weiß was mit Dieter passiert ist.
Der Brief ist von Januar 1945.
Der Brief wird nach Solingen geschickt.
Dort sucht der Vater immer noch nach Dieter.

Schreiben von Max Bräuner

an Aenne Lorenz, 22.2.1945, Seite 1 und 2.

Privatbesitz Helmut Lorenz.

Das ist ein Brief vom Arzt an die Eltern.
Es ist der gleiche Arzt der entschieden hat:
Dieter muss sterben.
In dem Brief steht:
Dieter ist an einer Lungen-Entzündung gestorben.
Die Mutter von Dieter kann den Tod nicht glauben.
Daher schreibt sie viele Briefe an den Arzt.
Sie schreibt:
Dieter kann einige Dinge nicht.
Andere Kinder mit zwei Jahren können es aber.

Der Arzt behauptet:
Dieter ist dumm und kann nicht lernen.
Er schreibt:
Dieter hätte nie auf eine Hilfs-Schule gehen können.
Der Arzt schreibt:
Dieter ist sehr krank.
Daran ist er gestorben.
Das ist eine Lüge.
Die Mutter von Dieter glaubt die Lüge nicht.

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Die Brüder Helmut und Rolf erfuhren nie, dass Dieter eine Behinderung hatte. Man erzählte ihnen, er sei mit einem Bus des Roten Kreuzes auf der Flucht verlorengegangen. Daraufhin suchte Helmut seinen kleinen Bruder über 70 Jahre. Durch den Aufbau eines digitalen Familienstammbaums fand er 2013 Mario Nitzsche, seinen deutschen Verwandten.


Gemeinsam fanden sie Dieter. 2015 reisten Helmut Lorenz und Mario Nitzsche nach Lüneburg, auch um erstmals das Grab von Dieter Lorenz zu besuchen. Im Rahmen einer Gedenkfeier wurde auf dem Friedhof Nordwest eine Geschichts- und Erinnerungstafel enthüllt, auf der Dieters Geschichte erzählt wird.

Die Brüder von Dieter erfahren nichts über seine Behinderung.
Sie erfahren auch nicht dass er tot ist.
Sie suchen ihren kleinen Bruder ihr ganzes Leben.
Aber sie finden ihn nicht.

Die Familie von Dieter zieht ein paar Jahre später nach Kanada.
Das ist ein Land in Nord-Amerika.
Weit weg von Deutsch-Land.

Sehr viele Jahre danach findet der Bruder Helmut seine deutsche Familie.
Über das Internet.
Er besucht die deutsche Familie.
Sie soll ihm helfen seinen Bruder Dieter zu finden.
Das ist erfolg-reich.
Der deutsche Verwandte Mario meldet sich im besonderen Museum.
Er erfährt die Geschichte von Dieter.
Was wirklich mit ihm passiert ist.
Er erfährt von seiner Ermordung.
Er erfährt:
Es gibt noch ein Grab.

Helmut reist ein zweites Mal nach Deutsch-Land.
Er besucht das Grab von Dieter.
Über 70 Jahre nach dem Tod von Dieter.
Seine Geschichte steht auf einem Schild.
Da steht was früher passiert ist.
Jetzt ist die Geschichte bekannt.
Darüber freuen sich Helmut und Mario.

Helmut Lorenz und Mario Nitzsche

in der »Euthanasie«-Gedenkstätte, 2015.

ArEGL.

Das ist ein Foto von Helmut und Mario.
Sie besuchen das besondere Museum.
Es ist von 2015.

Dieters Grab

bei der Gedenkfeier, 27.9.2015.

ArEGL.

Auf diesem Bild ist das Grab von Dieter.
Das Grab ist auf dem Fried-Hof Nord-West in Lüneburg.
Es gibt es noch heute.
Jeder kann es besuchen.
Dieter wurde nur zwei Jahre alt.